Hochfeste Sinterteile als Teil moderner E-Fahrzeuge
Der anhaltende Trend zur Miniaturisierung und zum Leichtbau in der Automobilindustrie erfordert immer stärkere Werkstoffe und hochfeste Bauteile. Der Wandel zur E-Mobilität beschleunigt diesen Trend zusätzlich – und bringt eine weitere Anforderung mit sich: Geräuschreduzierung.
Elektromobilität ist leise. Hintergrundgeräusche, die durch Fahrzeugkomponenten verursacht werden, sind hier unerwünscht. Schunk hat ein neues pulvermetallurgisches Verfahren entwickelt, das Zahnräder mit geräuschdämpfender Wirkung hervorbringt und gleichzeitig Gewicht und Kosten spart.
Wie diese Vorteile erreicht werden und für welche Bauteile das Verfahren geeignet ist, erklärt Werkstoffwissenschaftler Johannes Heyde. Als Projektleiter „Innovation“ ist er Ansprechpartner für Kunden und Entwicklungspartner, wenn es um hochfeste Sinterteile geht.
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Herr Heyde, wie erreichen Sie die geräuschdämpfende Wirkung der Zahnräder?
Johannes Heyde: Unsere Silent Gears werden in einem neuen Verfahren aus Metallpulver gepresst und haben eine Porosität von bis zu 10 Prozent. Diese poröse Struktur hilft dabei, Schall zu dämpfen und somit weniger Geräusche zu produzieren.
Aber hat die Porosität nicht zur Folge, dass die Bauteile weniger fest sind?
Johannes Heyde: Wir hören häufig Bedenken, dass unser Material eventuell weniger fest sein könnte als herkömmliche Schmiedewerkstoffe, mit denen unsere Kunden seit Jahrzehnten arbeiten. Dem können wir entgegnen, dass durch die Prozessstufe der Nachverdichtung das Material mindestens ebenso fest ist. Selbstverständlich haben wir dazu auch Werkstoffkennwerte aus Dauerfestigkeitsversuchen, die wir leicht nachvollziehbar und überzeugend in Diagrammen darstellen können.
Was zeichnet das neue Verfahren darüber hinaus aus?
Johannes Heyde: Unser Verfahren bietet die einzigartige Möglichkeit, mehrere - normalerweise unvereinbare - Eigenschaften in einem Zahnrad zu kombinieren. Das Ergebnis sind Bauteile, die in verschiedenen Bereichen unterschiedliche Eigenschaften in Bezug auf Geometrie und Werkstoff aufweisen. Zum Beispiel ein sehr harter und fester Verzahnungsbereich, um den Verschleiß zu reduzieren, und ein Grundkörper mit hervorragendem Dämpfungsverhalten.
Müssen Kunden mit höheren Kosten für das neue Verfahren rechnen als für die herkömmliche Herstellung?
Johannes Heyde: Im Gegenteil. Die Pulvermetallurgie ist als äußerst kostengünstiges Verfahren bekannt. Ein Grund hierfür ist die hohe Großserientauglichkeit. Wir können mit dem Verfahren hohe Stückzahlen herstellen und sind damit nicht nur zeitsparend, sondern auch kosteneffizient unterwegs. Vor allem in der Automobilindustrie müssen Innovationen hohe Hürden nehmen. Erst, wenn Anbieter belegen können, dass Prozesse zehn bis 15 Prozent günstiger sind, wird sich gegenüber neuen Technologien geöffnet. Unsere Testergebnisse helfen uns auch hier, die Effizienz des Verfahrens zu belegen.
Ab welcher Stückzahl ist das neue Verfahren denn im Vergleich zur konventionellen Bearbeitung rentabel?
Johannes Heyde: Das hängt immer von der Größe der Teile und ihrer Komplexität ab. Bei großen und komplexen Teilen kann unser Verfahren ab etwa 30.000 Stück pro Jahr rentabel sein. Bei kleineren Teilen lohnt sich das neue Verfahren bei Stückzahlen ab 100.000 Teilen pro Jahr.
Gibt es Einschränkung in Bezug auf die Bauteilgröße, um für das Verfahren geeignet zu sein?
Johannes Heyde: Unser Verfahren kann in einem weiten Bereich eingesetzt werden: von kleinen Teilen mit einem Gewicht von wenigen Gramm und einem Durchmesser von 5 bis 10 Millimetern bis hin zu großen Teilen mit einem Durchmesser von 300 Millimetern. Grundsätzlich betrachten wir jede Anfrage ganz individuell und beraten unsere Kunden zu den Möglichkeiten.
Für viele Unternehmen werden Umweltaspekte immer wichtiger. Sie sind ein echtes Verkaufsargument. Wie sieht es damit aus?
Johannes Heyde: Mit unserem Herstellungsverfahren verbrauchen wir insgesamt 60 Prozent weniger Energie. Damit gehört die Pulvermetallurgie zu den grünen Technologien, weil wir keine Primärrohstoffe für die Pulvererzeugung einsetzen müssen. Außerdem nutzen wir das Material zu nahezu 100 Prozent, da keine Späne mehr entstehen, wie es beim nachträglichen mechanischen Bearbeiten der Fall ist. Durch die Effizienz des gesamten Prozesses profitieren also nicht nur unsere Kunden von leistungsgesteigerten „leisen“ Zahnrädern, sondern auch die Umwelt.
Die Vorteile von Zahnrädern aus Sintermetall auf einem Blick
Reduzierte Noise Vibration Harshness (NVH)
Bis zu 10 Prozent Gewichtsreduzierung bei einem Leistungsniveau von Vollstahl
Bessere CO2-Bilanz durch energie- und kosteneffizientes Verfahren