Multi-Megawatt-Anlagen mehr als zehnmal jährlich vom Blitz getroffen
Blitzeinschläge in Windkraftanlagen sind keine Seltenheit. Laut dem Branchenportal Windbranche wird jede Windturbine im Durchschnitt 0,6 bis einmal im Jahr von einem Blitz getroffen - meistens an einem Rotorblatt. Noch höher ist das Risiko bei Multi-Megawatt-Anlagen. Studien zeigen, dass diese mindestens zehnmal im Jahr direkten Blitzeinschlägen ausgesetzt sind. Kein Wunder, aufgrund ihrer exponierten Lage auf Hügeln oder vor Küsten ziehen Windkraftanlagen Blitze besonders stark an. Einschläge können schwerwiegende Folgen haben - von reparaturbedingten Ausfällen bis hin zur Zerstörung der gesamten Anlage.
Das passiert, wenn der Blitz einschlägt
Wenn der Blitz in eine Windkraftanlage einschlägt, fließen innerhalb von Sekundenbruchteilen Ströme von mehreren Zehntausend Ampere – sogar Maximalwerte von 200.000 Ampere wurden bereits verzeichnet. Die elektrische Spannung erreicht mehrere Millionen Volt.
Wenn jetzt der Blitzschutz versagt, sind die Folgen gravierend: Es können nicht nur Überladungsschäden in der elektrischen Steuerung auftreten, sondern auch die Rotorblätter abknicken. Und nicht nur das. Da die Lufttemperatur innerhalb des Blitzkanals schlagartig auf einige Zehntausend Grad Celsius steigt, entstehen leicht Brände.
Deshalb sind Windkraftanlagen anfällig für Brände
Aus Erfahrung wissen wir: Auf Windkraftanlagen ohne funktionierenden Blitzschutz haben Brände verheerende Auswirkungen. Denn: Windkraftanlagen bestehen überwiegend aus Kohlefaserverbundstoffen. Der Werkstoff ist zwar besonders leicht, verfügt aber über eine sehr schlechte elektrische Leitfähigkeit. Ohne Blitzschutz kann die Energie eines Blitzes daher schlecht in den Boden abfließen, und die Anlage nimmt Schaden an, der hohe Kosten verursachen kann.
Die Folgen von Blitzeinschlägen für Betreiber von Windkraftanlagen
Die Folgen für Betreiber von Windkraftanlagen sind gravierend: 2019 bezifferte der europäische Forschungs- und Entwicklungsinformationsdienst cordis die jährlichen Schäden, die den Betreibern durch Blitzeinschläge entstehen, auf 1,5 Millionen Euro. Neben Reparaturkosten zählen auch die entgangenen Einnahmen dazu.
Wie Sie Windkraftanlagen zuverlässig vor Blitzeinschlag schützen können
Um diese Schäden und Kosten zu vermeiden, ist ein zuverlässiger Blitzschutz gefragt. Blitzschutzsysteme dienen dazu, den eingehenden elektrischen Strom ins Erdreich abzuleiten und so Rotorblätter oder Gondel vor Beschädigungen zu schützen.
Das komplette Blitzschutzsystem einer Windkraftanlage besteht aus dem äußeren Blitzschutzsystem und dem Überspannungsschutz. Der äußere Blitzschutz wird durch Rezeptoren sowie Ableiter realisiert, die den Blitzstrom über definierte Wege in die Erde leiten.
So funktionierten Blitzschutzsysteme für Windkraftanlagen
Der Blitzschutz von Windkraftanlagen betrifft den Schutz von zwei Teilsystemen: Rotorblätter und mechanischer Antriebsstrang mit Getriebe und Generator. Der Nachweis der Schutzwirkung ist Inhalt der DIN IEC 61400-24. Die Norm empfiehlt, die Blitzstromfestigkeit von Schutzsystemen durch Hochstromtests mit einem Blitzstoßstrom und Langzeitstrom nachzuweisen.
Blitzschutzsysteme müssen sicherstellen, dass der Blitz sicher von den Blitzrezeptoren der Rotorblätter „eingefangen“ wird, und über die natürlichen Bestandteile wie Lager, Maschinenträger, Turm und/oder den Umgebungssystemen wie Funkenstrecken oder Kohlebürsten zur Erdungsanlage abgeleitet werden.
So setzen Sie Blitzschutzsysteme effektiv ein
Um sicherzustellen, dass Blitze zuverlässig abgeleitet werden, setzen wir bei unseren Kunden Blitzschutzsysteme ein, die sowohl Lager als auch Getriebe und Generator effektiv schützen. Diese Systeme führen den Strom an den Lagern vorbei und leiten ihn vom Flügel zum Turm in die Erde ab.
Turbinenhersteller montieren unsere Blitzschutzsysteme am Rotorlager und am Azimut-Lager, auf dem sich die Gondel dreht. Einige Anwender montieren zusätzliche Blitzschutz-Kohlebürsten am Schaft der Flügel.
Wegen der niedrigen Drehzahl ist der Verschleiß unserer Kohlebürsten sehr gering, sodass sie über eine Lebensdauer von drei bis fünf Jahren verfügen. Wir empfehlen Anlagenbetreibern bei Wartungsarbeiten regelmäßig zu prüfen, ob die Kohlebürsten frei beweglich im Bürstenhalter sitzen. Ist dies nicht der Fall, können sie im Falle eines Blitzeinschlags ihre Funktion nicht erfüllen und müssen ausgetauscht werden.
So halten Windkraftanlagen den Herausforderungen der Zukunft stand
Als langjähriger Partner der Windindustrie wissen wir: Die Anforderungen an Windkraftanlagen und zukünftige Turbinen-Generationen steigen. Zum einen häufen sich mit Zunahme der Wetterextreme Gewitter. Zum anderen werden Windkraftanlagen verstärkt off-shore und in abgelegenen Regionen aufgestellt. Beide Faktoren steigern das Risiko für Blitzeinschläge.
Damit unsere Kunden auch in Zukunft vor Schäden und teuren Anlagenschäden geschützt sind, haben wir neben unseren klassischen Blitzschutzsystemen erfolgreich weitere unserer Komponenten für die Hochstromübertragung auf ihre Eignung als Blitzschutzbauteile nach DIN IEC 61400-24 getestet. Somit können wir Ihnen auch kurzfristig Ausführungen für nahezu alle Einbauverhältnisse an die Hand geben.
„Blitzableiter“ für Windkraftanlagen neu gedacht
Und wir denken noch weiter. Werkstoffe aus Kohlenstoff sind Leichtbauwerkstoffe mit exzellenten elektrischen und thermischen Eigenschaften. Aktuell arbeiten wir in Projekten mit führenden Herstellern von Flügeln für Windkraftanlagen daran, diese Vorteile gegenüber deutlich schwereren Metallen, in „Blitzableitern“ an den Flügeln umzusetzen. Der Hintergrund: Das höhere Gewicht von Metall hat negative Auswirkungen auf die Dynamik der Luftbewegung (Verwirbelungen) am Flügel und auf die Geräuschentwicklung. Dieser Effekt kann mit leichteren Komponenten vermieden oder zumindest stark minimiert werden.